Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Bildungschancen sind in Deutschland so ungleich verteilt wie in keinem anderen Industrieland. Der Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen hängt in skandalösem Maße von ihrem sozialen Hintergrund ab. Es ist daher eine zentrale Aufgabe der Bildungspolitik, Ausgrenzung und soziale Ungerechtigkeit im Bildungssystem zurückzudrängen.
Erst letzte Woche hat die Bertelsmann-Stiftung Zahlen veröffentlicht, die zum wiederholten Male belegen, wie stark die Ausgrenzung in Schleswig-Holsteinischen Schulen noch immer ist. Die soziale Herkunft als entscheidendes Kriterium für den Erfolg in der Schule, das hat nichts aber auch gar nichts mit Chancengleichheit oder Gerechtigkeit zu tun. Das ist wie Ständewesen aus dem finstersten Mittelalter, meine Damen und Herren. DIE LINKE hat hier im Landtag gebetsmühlenartig Anträge eingebracht und Reden gehalten, die genau auf diese Missstände hingewiesen haben, und die von den Regierungs- und auch von den Oppositionsfraktionen als Hanebüchen abgetan wurden.
Und genau zwei Wochen ist es her, dass der Philologenverband dafür geworben hat, das Gymnasium unter Bestandsschutz zu stellen. Der Stufenlehrer ist der Sargnagel für das gegliederte Schulsystem, hieß es darin. Da können wir als LINKE nur sagen: sehr gut, gebt uns einen Hammer, und wir verschließen den Sarg, ein für allemal!
Dass nun eine Presseinformation der GEW Anlass genug ist, eine aktuelle Stunde zu beantragen, das amüsiert mich doch etwas. Es zeigt einmal mehr, wie ideenlos SPD und FDP beim Schreiben ihrer Anträge offenbar sind. Aber sei es drum, wenn sie inhaltlich nichts zu bieten haben, dann springen wir eben ein und machen hier mit unserem Dringlichkeitsantrag ein inhaltliches Angebot, das Sie alle eigentlich kaum ausschlagen können.
Zwei Punkte sind an der Anmeldesituation bei den Regionalschulen gerade besonders interessant und diese zwei Punkte möchte ich jetzt herausstellen:
1. Die Regionalschule als Restschule ist gescheitert. Ihre Legitimierung durch die Bevölkerung ist obsolet. Ein weiteres Reformprojekt aus der Zeit der großen Koalition, das offensichtlich gescheitert ist. Die Menschen in Schleswig-Holstein haben mit den Füßen abgestimmt. Die Ablehnung der Regionalschule ist eindeutig.
2. Müssen wir bei der Debatte um mögliche Standortschließungen endlich mal klar stellen, was uns die Bildung unserer Schülerinnen und Schüler eigentlich wert ist. Was können und was wollen wir den Kindern und Jugendlichen zumuten. Sollten wir ihnen zumuten zwei Stunden täglich im Bus quer durchs Land zu fahren? Oder sollten Schülerinnen und Schüler diese Zeit nicht lieber auf dem Sportplatz verbringen, beim Musikunterricht, oder bei ihrer Familie?
Schulschließungen sind für uns keine Lösung, meine Damen und Herren!
Deshalb haben wir unseren Dringlichkeitsantrag eingebracht, der konkrete Handlungsoptionen eröffnet. Die Mindestgrößenverordnung ist einer der größten Stolpersteine bei der Frage: Wie viel ist uns Bildung im ländlichen Raum wert?
Das laufende Anmeldeverfahren für das kommende Schuljahr macht deutlich, dass die Landesregierung es erneut versäumt hat, die Besonderheiten des ländlichen Raums zu berücksichtigen. Für eine zukunftsweisende langfristige Lösung ist es nun zu spät. Deshalb bleibt uns nur, die Mindestgrößenverordnung für das kommende Schuljahr auszusetzen. DIE LINKE will alle Schulstandorte in Schleswig-Holstein erhalten.
Und ich möchte auch darauf hinweisen, dass es das gegliederte Schulsystem ist, was uns nun die Probleme beschert. Mit der flächendeckenden Einführung der Gemeinschaftsschule könnten wir vor allem im ländlichen Raum eine wohnortnahe Beschulung aller Kinder sicherstellen. Wir müssten den Schülerinnen und Schülern nicht ständig ihre Freizeit mit Busfahrten stehlen. Wir müssten Kinder nach der vierten Klasse nicht aus ihrem Freundeskreis in der Schule herauszerren, wir müssten keine sozialen Beziehungen zerstören und wir müssten die Eltern mit längeren Fahrtwegen finanziell nicht zusätzlich belasten.
Bekennen Sie sich zu einem gerechten, flächendeckenden Bildungssystem. Eine Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.