Zur Leiharbeit

17. März 2010  Reden

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Schon seit einigen Jahren erodiert in Deutschland das Normalarbeitsverhältnis. Immer weniger Menschen haben gute Arbeitsbedingungen und unbefristete Arbeitsverhältnisse. Immer mehr Unternehmen lagern Arbeitsbereiche aus und kaufen deren Leistungen bei sogenannten Personaldienstleistern zu. Personaldienstleister haben sich seit der Liberalisierung der Leiharbeit durch die erste rot-grüne Bundesregierung ausgebreitet wie eine Grippewelle. Der Druck durch die Hartz-Gesetze, so gut wie jeden Arbeitsplatz annehmen zu müssen, hat Leiharbeit gefördert.

(Beifall bei der LINKEN)

Erst die Agenda 2010 hat prekäre Arbeit im heutigen Maß möglich gemacht. Dass die SPD nun hier ihren Antrag stellt, zeugt von einem schlechten Gewissen. Wir erkennen den guten Willen an. Ich hoffe auch, wenn die SPD in ferner Zukunft mal wieder an die Regierung kommen sollte, dass sie sich an ihren Antrag erinnern wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Leiharbeit war in den vergangenen Jahren eine Wachstumsbranche auf dem Arbeitsmarkt. Wachstum ist jedoch kein Selbstzweck, und auch Arbeitsplätze sind kein Selbstzweck. Ein Arbeitsplatz, an dem Menschen schikaniert werden, ein Arbeitsplatz, an dem Menschen so schlecht bezahlt werden, dass sie von ihrem Einkommen nicht am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, ein Arbeitsplatz, an dem Menschen bis zu 60 Stunden pro Woche im Schichtdienst arbeiten müssen, Arbeitsplätze, an denen Betriebsratswahlen verhindert werden – solche Arbeitsplätze brauchen wir nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Auftragsspitzen können ebenso gut mit Arbeitszeitkonten aufgefangen werden, die in schlechteren wirtschaftlichen Zeiten wieder abgebaut werden. DIE LINKE will guten Lohn für gute Arbeit. DIE LINKE will existenzsichernde Arbeitsplätze, von denen man leben kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Arbeitsplätze unter prekären Bedingungen sind nicht nur in Leiharbeitsverhältnissen weit verbreitet. Viele Unternehmen lagern ihre Beschäftigten in Tochtergesellschaften aus. Dort wird dann ebenso unmenschlich mit ihnen umgegangen. Auch deshalb haben wir unseren Änderungsantrag gestellt.

Zum Schluss möchte ich noch auf ein aktuelles Beispiel für schlechte Arbeit aus Kiel hinweisen; leider wird diesem in der Presse nicht die nötige Beachtung geschenkt. Es handelt sich um prekäre Arbeit im Druckzentrum der „Kieler Nachrichten“ in Wellsee. Dort stellen Firmen der Tabel-Gruppe mit 389 Teilzeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern die Produktion und Weiterverarbeitung diverser Zeitungen sicher. Der Stundenlohn beträgt 6,14 €. Hinzu kommt, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum großen Teil unregelmäßig eingesetzt werden und ihnen keine feste Stundenzahl garantiert ist. Wer auf das Geld angewiesen ist, ist zu Wohlverhalten erpressbar, sonst gibt es keine Schichten. Von dieser Disziplinierungspraxis wird bei der Tabel-Gruppe gern Gebrauch gemacht.

In Reaktion auf die nicht hinnehmbaren Arbeitsbedingungen gab es Bestrebungen, einen Betriebsrat zu gründen. Dieser ist mittlerweile installiert. Noch nicht einmal um mehr Geld ging es in erster Linie, die Beschäftigten wollten schlicht und ergreifend erst einmal menschlich behandelt werden. Das Ergebnis war ein Kündigungsschreiben an alle 389 Beschäftigten. Vorsichtshalber wurden bis zu acht Kündigungen an eine Person geschickt, um zu gewährleisten, dass zumindest eine davon vor dem Arbeitsgericht Bestand hätte. Zudem wurde den Beschäftigten mit einem Strafgeld von 250 € gedroht, sollten sie über ihren Fall öffentlich berichten.

Dieser Fall ist besonders brisant. Die SPD profitiert als Anteilseigner der „Kieler Nachrichten“ direkt von den in Sonntagsreden kritisierten Arbeitsbedingungen. DIE LINKE steht ohne Wenn und Aber an der Seite der Beschäftigten. Das wünschen wir uns auch von der SPD.

(Beifall bei der LINKEN)

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