Für den Mindestlohn, Rekommunalisierung und öffentliche Daseinsvorsorge.

27. Januar 2011  Im Landtag, Reden
Björn Thoroe hält Landtagsrede

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

Den Mittelstand zu stärken liegt auch im Interesse der LINKEN. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird dieses Ziel jedoch nicht erreicht werden. Es ist eher ein ideologisches Flick-Werk geworden, als ein Gesetz zur Mittelstandsförderung.

Mittelstandsförderung wäre zum Beispiel, wenn die Landesregierung sich dafür einsetzen würde, dass Großunternehmen höhere Steuern zahlen und der Mittelstand dafür im Gegenzug entlastet wird. Auch Monopole zu zerschlagen, würde dem Mittelstand helfen.

Ich möchte dies am Beispiel des Buchhandels demonstrieren. Im Buchhandel ist der Vertrieb von Büchern mittlerweile monopolisiert. Die großen Bücherketten haben Extraverträge mit dem Monopolisten geschlossen. Kleinere mittelständische Buchläden gucken in die Röhre und bekommen für ihre Schaufensterauslage nur noch die Bücher mit relativ wenigen Verkaufsaussichten.

Ich konzentriere mich in der Kritik aber nun aber auf die von Ihnen geplante Einführung einer Zielbestimmung des Gesetzes. Die zu meinem Erstaunen auch noch im Änderungsantrag der GRÜNEN enthalten ist. Sie fordern in ihrer Gesetzesvorlage einen permanenten Zwang zur Überprüfung der Privatisierungsmöglichkeiten von Leistungen und Unternehmen der öffentlichen Hand. Diese Verpflichtung immer wieder zu überprüfen, ob weitere Privatisierungen möglich sind, ist hart an der Grenze zum Grundrechtsbruch.

Das Grundgesetz schützt die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden durch die Verfassungsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art.28 Abs.2. Dort heißt es: „Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“ Punkt.

Ich möchte Ihre Gesichter, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, sehen, wenn DIE LINKE hier einen Gesetzentwurf einbringt, der das Gegenteil fordert. Dass nämlich die kontinuierliche Überprüfung der Möglichkeiten zur Rekommunalisierung von Leistungen und Unternehmen der öffentlichen Hand zu den ständigen Aufgaben der Gemeinden gehört.

Was ist denn in den letzten zehn, zwanzig Jahren anderes geschehen, als dass alle Gemeinden nicht nur in Schleswig-Holstein geprüft haben, was noch zu privatisieren wäre? Und was ist das Ergebnis der wirklich vollzogenen Privatisierungen? Ein einziges Desaster! Heute suchen viele Gemeinden auch in Schleswig-Holstein händeringend nach Möglichkeiten der Rekommunalisierung. Nur wenn die öffentliche Hand Einfluss auf die Daseinsvorsorge nehmen kann, ist gewährleistet, dass Einrichtungen der Daseinsvorsorge für die Menschen da sind. Daseinsvorsorge in privaten Händen ist immer in erster Linie auf Profit aus und zielt nicht darauf das Beste für die Menschen vor Ort zu erreichen.

Was würde denn geschehen, wenn sich ein solches Vorhaben einer flächendeckenden Privatisierung durchsetzen würde? Dieser Weg führt zu einer neomittelalterlichen Wirtschaft, die nur noch einen Geldadel kennt und den Rest der Gesellschaft fallen lässt.

Zum Schluss möchte ich auf die im Gesetz enthaltenen Regeln zur Tariftreue eingehen. Wer lediglich die Einhaltung von Tarifverträgen fordert, akzeptiert Dumpinglöhne. DIE LINKE will ein Tariftreue- und Vergabegesetz, das soziale und ökologische Vorgaben macht. Die öffentliche Hand hat eine Vorbildfunktion. Nur eine Mindestlohnregelung im Vergaberecht kann gewährleisten, dass Dumpinglöhne ­zumindest bei öffentlichen Aufträgen ­ ausgeschlossen sind. Die öffentliche Hand sollte Dumpingtarifverträge mit Pseudogewerkschaften nicht akzeptieren. Auch Dumpinglöhne wie zum Beispiel 6,53 Euro
netto im Wach- und Sicherheitsgewerbe zu akzeptieren, ist ein Armutszeugnis für die öffentliche Hand.
Kein Mensch, der in Vollzeit arbeitet, sollte auf zusätzliches Geld vom Amt angewiesen sein.

DIE LINKE lehnt das so genannte Mittelstandsförderungsgesetz ab. Der Verscherbelung öffentlichen Eigentums stemmen wir uns entgegen und kämpfen für die Rekommunalisierung von Stadtwerken, Energienetzen, Einrichtungen des Gesundheitssektors und dem ÖPNV. DIE LINKE wird sich im Landtag und darüber hinaus für den Verbleib der Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand einsetzen.

Außerdem wird DIE LINKE keine Löhne einfach so hinnehmen, die nicht zum Leben reichen und für einen Mindestlohn von mindestens zehn Euro streiten.

Video der Rede

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