Herr Präsident, meine Damen und Herren,
die Landesregierung Schleswig-Holsteins pflegt ein tadelloses Bild der Gorch Fock. Das Ausbildungsschulschiff der deutschen Bundesmarine ist nach Ansicht der Landesregierung nicht nur die Schule für das Seemannsleben, sondern auch exzellenter Botschafter Deutschlands und Werbeträger der deutschen Marine.
Die jüngsten Ermittlungen des Wehrbeauftragten zerstören in ihren differenzierten Feststellungen und Ermittlungsaufgaben mit großer Wucht dieses Bild. Hellmut Königshaus spricht von einer Meuterei der Besatzung, von gezielter Insubordination durch die Stammbelegschaft, die die Kadetten gegen den Kapitän verhetzt, von massiver Drangsalierung und Nötigung der Soldaten, von rüden Umgangsformen, Beleidigungen und herabmindernden Äußerungen bis hin zum Vorwurf der sexuellen Belästigung. Und meine Damen und Herren wir müssen hier zur Kenntnis nehmen, dass es zwei Tote auf der Gorch Fock gegeben hat. Fazit: Der Ruf der Gorch Fock ist jetzt so schwer beschädigt, dass es nicht mehr reicht, zu prüfen WIE die Ausbildung auf der Gorch Fock durchgeführt werden kann. Wir fordern die Außerdienststellung der Gorch Fock.
Unseres Erachtens gibt es gute Gründe, neben der Klärung einzelner Vorwürfe, für die Außerdienststellung der Gorch Fock.
Erstens: Es gibt keine gute Lösung für das Problem des Schutzes von Frauen auf der Gorch Fock. Die langen Fahrten auf einem Segelschiff, in bedrückender räumlicher Enge mit extrem dichten Sozialkontakten zwischen Männern und Frauen bringen diese automatisch in schwierigste Situationen. Diesen Situationen kann keine Frau entkommen. Eine moderne Ausbildung für Frauen undMänner ist auf der Gorch Fock strukturell unmöglich. Schon auf regulären Schulschiffen müssen
verstärkt Vorkehrungen zum Schutz von Frauen getroffen werden.
Zweitens: Allen muss klar sein, dass eine militärische Ausbildung auch Drill bedeutet. Das militärische Prinzip von Befehl und Gehorsam widerspricht den normalen Instinkten eines Menschen. Viele soziologische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Einteilung von Menschen in Herrscher und Beherrschte auf engem Raum fast zwangsläufig in menschlichen Tragödien endet. Auf der Gorch Fock war das zum Beispiel das unrechtmäßige Erzwingen von Wantenklettern.
Drittens: Die Ausbildung auf der Gorch Fock muss heute gerechtfertigt werden. Weltweit kommen die meisten Nationen bei der Marineausbildung auch ohne Segelschulschiff aus.
Viertens: Es ist kein anderer Grund für die Fortführung der Ausbildung auf der Gorch Fock zu sehen, als eine eher sentimentale Traditionspflege. Dabei handelt es sich um eine Tradition, die ungebrochen vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und das Naziregime bis in die DDR und die Bundesrepublik reicht. Die Frage ist, ob es nicht sinnvoll wäre, hier einen Traditionsblocker einzuziehen.
Fünftens: Die Bundeswehr steht nach der Abschaffung der Wehrpflicht vor einer Professionalisierung. Dazu wird das Verständnis von Strenge, Disziplin und Gehorsam neu formuliert werden. Die Frage ist, welche Menschen die Bundeswehr als Ausbildungs- und Arbeitsplatz interessant finden. Wir finden die Aussicht, dass die Bundeswehr vor allem Menschen anzieht, die auf Strenge, Disziplin und Gehorsam stehen, besorgniserregend.
Zum Schluss zur Gorch Fock als Botschafter und Werbeträger der Marine: Können Sie nicht einen Widerspruch erkennen in dem gleichzeitigen Bemühen, friedlicher Botschafter zu sein und Ausbildungsschiff einer Marine, die deutsche Wirtschaftsinteressen militärisch durchsetzen soll?
Wir lehnen die militärische Nutzung der Gorch Fock ab, aber eines bleibt: die Gorch Fock ist ein wunderschönes Schiff, sie einer breiten Öffentlichkeit, Jugendlichen und Kindern für eindrucksvolle Erfahrungen zur Verfügung zu stellen, ist der richtige Weg.
DIE LINKE setzt sich für eine Übernahme der Gorch Fock durch die öffentliche Hand ein. DIE LINKE will, dass auf der Gorch Fock, gerne mit dem Landtag als Paten, zukünftig alle Menschen segeln lernen können. Die Gorch Fock als Segelschulschiff für alle. Das ist das Ziel der LINKEN in Schleswig-Holstein.