„Wir fordern Investitionen in einen bürgerfreundlichen Güterverkehr auf der Schiene.“

24. Februar 2011  Im Landtag, Reden
Björn Thoroe hält Landtagsrede

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

es ist wirklich immer wieder interessant zu sehen, wie sich die Koalitionsparteien unter dem Deckmäntelchen „Bürgerfreundlichkeit“ für die Straßenlobby einsetzen. Ebenfalls interessant ist es zu sehen, wie Sie gegen jede noch so kleine Initiative zur Förderung des Schienenverkehrs durch die europäische Union vorgehen. Dabei verstehen sich CDU und FDP doch angeblich als Vorzeigeeuropäer.

Konkret geht es heute um ein lärmabhängiges Trassenpreissystem für Güterzüge und um Vorfahrt für Güterzüge gegenüber Personenzügen auf ausgewählten Strecken. CDU und FDP geben vor, sich für Anwohnerinnen und Anwohner an Eisenbahnstrecken einzusetzen. CDU und FDP geben vor, sich für Personenzugreisende einzusetzen. Nichts von Beidem ist korrekt. Beim näheren Hinsehen wird deutlich, dass es um die Bekämpfung des Güterverkehrs zu Gunsten der Straße geht.

Mit ihrem Antrag für ein lärmabhängiges Trassenpreissystem für Güterzüge zielen Sie auf die Bürgerinnen und Bürger an der Strecke der geplanten Fehmarnbelt-Querung. Sie erwecken den Eindruck, als ob sich so die Lärmbelästigung für Anwohnerinnen und Anwohner senken ließe. Dies ist mitnichten so. Ein lärmabhängiges Trassenpreissystem wäre ein Bürokratiemonster. Allein 100 Millionen Euro Verwaltungskosten würde dieses Abrechnungssystem verschlingen.

Alle, die schon einmal einen Güterzug gesehen haben, wissen, dass in einem Zug die unterschiedlichsten Waggonarten hintereinander gekoppelt sind. Vor jeder einzelnen Fahrt wäre eine Neuberechnung der Lärmbelästigung nötig. Der Vorschlag der Koalitionsparteien würde lediglich dazu führen, dass für Güterwaggons höhere Trassenpreise gezahlt werden müssen. So wird Schienen-
verkehr gegenüber dem Straßenverkehr weiter benachteiligt.

Effizienter Lärmschutz würde die zusätzliche Förderung von Maßnahmen direkt an der Schallquelle erfordern. Die Förderung wäre wettbewerbsrechtlich unproblematisch und europarechtlich zulässig. Zudem wäre auf diese Weise sichergestellt, dass keine Wettbewerbsnachteile für den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene entstehen und dadurch eine Verkehrsverlagerung von der Schiene zur Straße verursacht wird.

DIE LINKE unterstützt daher den von der EU und den Bahnunternehmen favorisierten Vorschlag eines Wagenbonussystems. Die Umrüstung von Güterverkehrszügen mit modernen und leiseren Bremssystemen muss öffentlich gefördert werden. Nur so ist ein wirklicher Lärmschutz für Anwohnerinnen und Anwohner an Eisenbahnstrecken zu erreichen!

Noch kurz zum zweiten Antrag. Der Antrag von Union und FDP erweckt den Eindruck, als würden auf Grund eines Vorschlages der EU bald Güterzüge flächendeckend Vorfahrt vor Personenzügen erhalten. Dies ist Panikmache unter Ausnutzung der Angst vor Zugverspätungen. Es ist bitter nötig, dass Güterverkehrszüge schneller von A nach B kommen. Der größte Wettbewerbsnachteil gegenüber dem LKW-Verkehr ist die langsame Geschwindigkeit von Güterzügen. Auf dem Korridor Stockholm – ­ Hamburg ­– Fulda –­ Palermo will die EU nun Vorfahrt für Güterzüge durchsetzen. DIE LINKE hält dies für gerechtfertigt.

Die Lösung ist ganz einfach. Investieren Sie in die Schiene und sorgen Sie für einen mehrgleisigen Ausbau der betroffenen Strecken. Dies wäre sinnvoller als Panikmache und die ständige Behinderung des Schienenverkehrs durch ihre Parteien.

Deutschland und Europa brauchen aus ökologischen und ökonomischen Gründen endlich verstärkte Investitionen in einen bürgerfreundlichen Güterverkehr auf der Schiene. Ihre von der Straßenverkehrslobby diktierten Anträge lehnen wir ab!

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