Zur Fehmarnbelt-Querung

17. Dezember 2010  Im Landtag, Reden
Björn Thoroe hält Landtagsrede

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

der gerade gehaltene Bericht strotzt vor fiktiven Zahlen. Der Bericht geht völlig an der Lebensrealität der in der Fehmarnbeltregion lebenden Menschen vorbei. Die volkswirtschaftliche Neubewertung des Projektes durch Verkehrsminister Ramsauer (CSU) ist ein schlechter Witz.

Ramsauer hat die Chance einer ehrlichen Neubewertung der umstrittensten Großprojekte vertan. Die Hinterlandanbindung zur Beltquerung soll bundesweit den höchsten Nutzen aller Verkehrsprojekte haben. Der Nutzen soll angeblich 6,7 Mal höher als die Kosten sein.

Dabei ist alles nur ein Trick: Es wird angenommen, dass die Beltquerung selbst und alle umliegenden Verkehrsprojekte bereits finanziert und gebaut sind. Es wird angenommen, dass es keinen Rückgang des Tourismus in der Region geben wird. Es wird angenommen, dass 5,8 Milliarden Euro Betriebskosten von LKW eingespart werden. Es wird angenommen, dass die Hinterlandanbindung nur 940 Millionen Euro kosten wird.

Alle diese Annahmen halten einer genaueren Überprüfung nicht stand. Ich frage mich, ob es wirklich ernst gemeint ist, wenn angenommen wird, dass neben einer Hauptverkehrstrasse noch Urlaub gemacht wird. Ständig vorbeirollende LKW und Güterzüge sind kein Ambiente um sich zu entspannen. Eine feste Fehmarnbeltquerung wird Arbeitsplätze bei den Fährlinien und im Tourismussektor kosten. Die Region um die geplante Trasse wird zur Transitregion mit erheblich weniger Lebensqualität.

Auch die 5,8 Milliarden an eingesparten LKW-Betriebskosten sind nicht realistisch. Bei der Prognose wird so getan, als ob die Fährlinien in der Region nicht existierten. Schon heute gibt es eine Fehmarnbeltquerung. Nur keine feste, sondern eine schwimmende. Im Halbstundentakt verkehren Fähren. Diese Fährverbindungen auszubauen, wäre der richtige Weg.

Zudem sind die Kosten für die Hinterlandanbindung deutlich zu niedrig angesetzt. Der Bundesrechnungshof warnt vor Kosten von bis zu 1,7 Milliarden Euro für die Hinterlandanbindung. Zudem existiert bei der geplanten Streckenführung lediglich die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Entweder die Strecke wird durch Wohngebiete geführt oder der Flächenverbrauch wird die Bauern in der Region massiv schädigen.

Nun noch ein paar Worte zur von SPD und Grünen angestrebten Schlichtung. Es erschließt sich mir nicht, wie bei einer Frage von Ja oder Nein eine Schlichtung realistisch sein soll. Dass Fakten auf den Tisch kommen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Die Vorgänge rund um Stuttgart 21 sollten eher eine Warnung für alle sein, die Widerstand gegen unsinnige Großprojekte organisieren wollen. Der so genannte Schlichterspruch von Heiner Geißler stand in seinen Grundsätzen schon von Anfang an fest. Stuttgart 21 hat durch das Schlichterspektakel eine scheinbare Legitimation erhalten. Schlichterspektakel dienen nur den Interessen der Herrschenden. Großprojekte werden nicht durch Schein-Schlichtungen verhindert, sondern durch ausdauernden Widerstand von Bürgerinnen und Bürgern auf der Straße.

DIE LINKE steht an der Seite der Gegnerinnen und Gegner der festen Fehmarnbelt-Querung. Und das ohne Wenn und Aber. Die Argumente sprechen für sich, bzw. sie sprechen gegen die FFBQ.
Ziehen Sie die Notbremse Herr Carstensen, Herr de Jager. Ziehen Sie die Ausstiegsoption und steigen Sie aus aus diesem ökonomisch und ökologisch unverantwortbaren Projekt.

Ähnliche Beiträge: