Zur Neugestaltung des Streikrechts

16. September 2011  Im Landtag, Reden
Björn Thoroe hält Landtagsrede

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

Seit dem Streik von engagierten Lehrerinnen und Lehrern im Juni letzten Jahres diskutieren wir darüber, ob es richtig ist die Lehrkräfte unseres Landes mit Disziplinarmaßnahmen und Geldbußen zu gängeln, weil sie sich für die Zukunft unserer Kinder eingesetzt haben. Und wir diskutieren darüber, ob wir uns an weltweit anerkannte Richtlinien zu halten haben, die der Bevölkerung soziale Mindeststandards zusprechen.

Leider müssen wir seit dem Streik auch immer wieder feststellen, dass der Bildungsminister ein fragwürdiges Rechstverständnis an den Tag legt. Herr Klug, sie verwehren den Lehrerinnen und Lehrern ein Recht, das ihnen in einer demokratischen Gesellschaft zusteht.

DIE LINKE fordert, endlich Rechtssicherheit für Beamtinnen und Beamte zu schaffen, die den Grundprinzipien einer demokratischen Grundordnung gerecht wird. Dazu zählen nun einmal auch, das Recht auf Kollektivhandlungen zur Durchsetzung von Gewerkschaftsforderungen. Also das Recht auf Streik. Die Urteile von Straßburg, Düsseldorf und Kassel haben gezeigt, dass ein Streikverbot für Bereiche, die nicht zum Sicherheitsbereich gehören, nicht rechtsverbindlich ist.

Beamte genießen besondere Privilegien, das ist das Einzige was wir von ihnen zu hören bekommen. Doch dieses Argument hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits in einem Urteil 2008 entkräftet – Ich kann ihnen das gerne zusenden, wenn ihnen das noch nicht bekannt sein sollte.

Immer mehr Länder haben das Streikrecht für Beamtinnen und Beamte längst anerkannt. Die Bundesrepublik bildet gemeinsam mit der Türkei das Schlusslicht im Hinblick auf die Anerkennung kollektiver Rechte für Beamtinnen und Beamten.
Sie halten an einem vordemokratischen Brauchtum fest, das Beamtinnen und Beamten wie Leibeigene behandelt. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass wir den Zeitgeist des 19. Jahrhunderts bereits überwunden haben. Bei CDU und FDP scheint er wohl leider noch vorherrschend zu sein. DIE LINKE setzt sich dafür ein, endlich eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, die die europäische Rechtsprechung anerkennt.

Europäisches Recht und die möglichen Wertungsunterschiede der Bundesgesetzgebung müssen harmonisiert werden. Das muss über eine Bundesratsinitiative erfolgen. Die Hinweise der ILO und des UN-Menschenrechtsausschusses müssen endlich ernstgenommen werden.

Alle Punkte unseres Antrags sorgen lediglich dafür, dass sich Schleswig-Holstein und die Bundesrepublik völkerrechtlichen Normen unterwerfen. Die Verpflichtung dazu steht im Übrigen auch im Grundgesetz. Wer das ignoriert, ruft offen zum Rechtsbruch auf. Das wird DIE LINKE nicht akzeptieren. Ich kann ihnen nur nahelegen unserem Antrag zuzustimmen. Nur so ersparen Sie sich eine peinliche juristische Niederlage; spätestens vor dem europäischen Gerichtshof in Straßburg.

Ich erwarte hier und heute auch ein klares Bekenntnis von den anderen Oppositionsfraktionen. Bisher habe ich von GRÜNEN und SPD nur rumgeeiere wahrgenommen, was den letzten Streik der Lehrerinnen und Lehrer angeht. Ich zitiere Detlef Buder von der SPD:

Wir sind, anders als die GEW, der Auffassung, dass Beamte kein Streikrecht haben.

Auch SPD und GRÜNE erkennen geltende europäische Rechtssprechung nicht an.

Es bleibt dabei. Die Lehrerinnen und Lehrer, die im vergangenen Jahr gestreikt haben, sind Vorbilder. Denn Schleswig-Holstein braucht selbstbewusste junge Menschen, die sich engagieren und sich für die Rechte der Bevölkerung einsetzen. Nicht mehr und nicht weniger haben die verbeamteten Lehrkräfte getan.

Video der Rede

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